Anmerkungen zur allgemeinen Abschaffung der politischen Parteien: Als Simone Weil ihre „Note sur la suppression générale des partis politiques“ schrieb, war sie Zeitzeuge der Parteienherrschaft in Deutschland und der Sowjetunion. Allerdings kam der unmittelbare Antrieb durch ihre Mitarbeit in der französischen Exilgruppe in London zustande. Sie erlebte mit Entsetzen, dass selbst in einer Lage, als Frankreich teilweise fremdbesetzt war, der Parteienstreit andauerte und die Anstrengungen der Mitglieder der Gruppe „France Libre“ mehr auf parteilichen Machterwerb ausgerichtet waren als auf die Befreiung ihres Landes.
Was Simone Weil somit zum Schreiben ihres Essays motivierte, waren nicht nur die offensichtlichen Schrecken der nationalsozialistischen und sowjetischen Parteienherrschaft, sondern die Erkenntnis, dass der Totalitarismus aus dem Parteienwettbewerb selbst entsteht. Die dem Kampf der politischen Parteien innewohnende Tendenz zur Gewaltherrschaft ist nicht die Ausnahme, wie man im Hinblick auf die Sowjetunion und Nazideutschland vielleicht denken mochte, sondern liegt gleichsam in der Natur einer auf Mehrheitswahl beruhenden Parteiendemokratie.
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